Detlef Trost
„Ego – Shooter“

Ölbilder von Oliver Estavillo

Krachend bohrt sich die Spitzhacke in die Schädeldecke des Sensenmannes. Eine Horde menschlicher Gestalten versucht , den Tod zu töten , nicht wissend um die Vergeblichkeit ihres Tuns.

Nein , es ist keine heile Welt , die uns der Maler Oliver Estavillo in seinen faszinierenden Bildern in oft grellen Farben vorführt. In geradezu penibler Feinmalerei geißelt er die Schwächen und Sünden von uns Zeitgenossen und schreckt dabei vor karikaturesken Übertreibungen nicht zurück : fette Männer, die aus allen Nähten platzen , und pralle Bodybuilderinnen verwandeln sich in Schweine ; sanftäugige Kälber werden am Stammtisch abgefüllt , der abgeschnittene Ochsenschwanz verweist auf die Folgen. Und Minotauren, die in ihrer Sauna animalische Nacktheit ausstellen , stecken bereits die Banderillas im Rücken.

Der Tod taucht immer wieder auf in Estavillos Bildern und lässt an mittelalterliche Totentanzdarstellungen denken : der Teufel führt Regie in der „Todestanzschule“ ; hinter der schrillen „Säufergöttin“ mit kreischendem Papageienkopf steht er in feinem schwarzen Anzug und bei dem grandiosen „Veteranentreffen“ ewig gestriger Militärs ist er gleich mehrfach vertreten.

Ironisch spricht Estavillo vom „Zauber“ des Mittelalters - und lässt über einer kahlen Landschaft voller Folter und Tod einen Düsenjet durch den blutroten Himmel jagen ! Und in seinem furiosen Unterweltsszenario voller grausamer Dämonen „Mein Vater in der Hölle“ verarbeitet er sehr persönliche Motive.

Wie auf einer Bühne spielt sich die Handlung in den jüngsten Bildern Estavillos ab. Bei einer „Testamentseröffnung“ führen die Erben einen grotesken Freudentanz , einen – wie Estavillo sagt – Trauerzirkus auf, während der Erblasser als bemitleidenswerte Geistererscheinung zwischen ihnen steht. „Ego Shooter“, das der Ausstellung den Titel gebende , grossformatige Bild , ist eine ätzende Kritik an der heutigen Ich-Gesellschaft und spielt nicht zufällig auf Killerspiele an : jeder hat eine Waffe – und wenn der erste abdrückt, endet das Ganze im Chaos. Zwar sieht man im Hintergrund den Münchner Gärtner-Platz, doch ist der Ort austauschbar.

Wie lässt sich Estavillo künstlerisch einordnen ? Er ist keinem der üblichen -ismen zuzuordnen. Allenfalls Anklänge an einen „fantastischen Realismus“ liessen sich in den eindrucksvollen , aufregenden und manchmal beklemmenden Bildern ablesen.

Hingegen ist es Estavillo in den letzten Jahren gelungen , eine ganz eigene Bildsprache zu entwickeln , sowohl thematisch als auch stilistisch , und die passt in keine der vorhandenen Schubladen.

Sein Pandämonium aus grotesken und skurrilen Gestalten wird oft satirisch überspitzt, hin und wieder blitzt Humor auf, doch der ist tiefschwarz , boshaft , ja böse. Doch bleibt dies kein Selbstzweck ,sondern dahinter steht der Wunsch nach Veränderung, ja nach einer besseren Welt , so , wie es Prof. Fidel Rädle ausdrückte: „Estavillos Bilder sind wahrhaftig , tief skeptisch und Humanität einklagend.“

Detlef Trost